Die Kölnische Rundschau schreibt: Das TaS "spielt virtuos mit der Imagination"
"Ohne die handelsüblichen Effekte
Bram Stokers „Dracula": Theater am Sachsenring setzt auf die Vorstellungskraft
VON BARBRO SCHUCHARDT
117 Jahre hat Bram Stokers „Dracula" auf dem Buckel. Eigentlich kein Alter für einen Vampir, der sich seine Unsterblichkeit durch frisches Blut sichert. Solches injizierte ihm jetzt Sabine Dissel, die für das Theater am Sachsenring eine bühnenwirksame Neubearbeitung schuf.
Der irische Journalist und Theatermann Bram Stoker (1847-1912) bediente 1897 mit seinem Briefroman die Vorliebe seiner Zeitgenossen für romantische Gruselgeschichten. Wobei Freudsche Theorien und die gerade in Mode kommende Hypnose gewiss schon grüßen ließen.
In der nur durch Crowdfunding ermöglichte Uraufführung im TaS gibt es keine spitzen Eckzähne, keinen Sarg und keinen Tropfen „Blut".
Die Inszenierung von TaS-Chef Joe Knipp verzichtet auf die handelsüblichen Effekte und spielt virtuos mit der Imagination und tiefenpsychologischer Symbolik seelischer Abgründe. Da geht es um Wahn und Wirklichkeit, Eros und Thanatos, Faust und Mephisto und den Kampf mit den eigenen Dämonen. Ein paar mobile Rahmen und eine kluge Lichtregie (Bühne: Hannelore Honnen) genügen, um die klaustrophobische Atmosphäre zu schaffen, in der sich die vier großartigen Akteure (alle in mehreren Rollen) bewegen.
Durch den ständigen, mitunter etwas verwirrenden Wechsel der Identitäten und Schauplätze entstehen scharf geschnittene, alptraumartige Szenen, die das Lachen gefrieren lassen. Als Graf Dracula (Felix von Frantzius) von Transsylvanien nach London zieht, nimmt das Unheil seinen Lauf. Die somnambule Lucy (Signe Zurmühlen; sie alterniert mit Marie Hiller) hat plötzlich zwei punktförmige Male am Hals. Können ihre Freundin Mina (Jennifer Tilesi Silke) und die Ärzte van Helsing (Julian Babol, grandios auch als Psychiatrie-Patient Renfield) und Sewart (ebenfalls Felix von Frantzius) sie retten? Oder bleibt sie wie Dracula zur Unsterblichkeit verdammt? Das eindrucksvolle letzte Bild legt nahe, dass es auch 2015 keine Therapie gibt, um das Böse aus der Welt zu schaffen ...
2 1/4 Std. (mit Pause). Karten-Tel. 0221/315015
Eher düster schwarz als blutrot: die psychologische „Dracula"- Interpretation von Regisseur Joe Knipp. "
Barbro Schuchardt, Kölnische Rundschau, 20.05.2015
Dracula im Programmtipp des WDR Fernsehens
"Dracula mit viel Herzblut":
"...Einfallsreich wird Draculas Schloss... mit Hilfe mehrerer Holzrahmen dargestellt. Die beiden Schauspieler (Felix von Frantzius als Dracula und Signe Zurmühlen als Jonathan Harker) schaffen es, mich im ersten Akt in ein transsylvanisches Schloss zu bringen, das mir unheimlich wird, von minimalen, aber unheilschwangeren Tönen untermalt, die live mit Hilfe von Gläsern erzeugt werden...
...Aber im nächsten Akt sind wir schon in England; ein junger Mann (Nervenarzt Dr. Seward, auch gespielt von Felix von Frantzius) umgarnt eine junge Frau (Lucy, gespielt von Signe Zurmühlen) und spielt ihr etwas auf dem Klavier vor. Nun ist es gar nicht mehr gruselig, sondern sympathisch, witzig und charmant...
...ich bin bass erstaunt, wie gut die vier Schauspieler, die beiden jungen Frauen und beiden jungen Männer, spielen. Wie echt, unprätenziös und wahrhaftig sie ihre verschiedenen Rollen ausfüllen. Mit großer Spielfreude tragen sie das Stück und machen es kurzweilig und lebendig...
... Es gab vier Minuten Applaus! Klatschen Sie mal vier Minuten lang freiwillig, dann wissen Sie, wie gut das Stück war. Und gehen Sie rein!..."
Jasmin Klein, Meine Südstadt, 13.05.2015